Die Aktion gilt als Höhepunkt von Joseph Beuys’ Entwicklung eines erweiterten Kunstbegriffs, die ihren Ausgang bereits in seinen Zeichnungen der 1950er Jahre nahm. Distanziert und ironisch zelebriert er das Ritual des „Kunst-Erklärens“ durch seine de facto (für das Publikum) schweigende Aktion.
"Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt" war eine Performance des deutschen Künstlers Joseph Beuys, die am 26. November 1965 in der Galerie Schmela in Düsseldorf stattfand. Obwohl es nur Beuys' erste Einzelausstellung in einer privaten Galerie war, wird sie manchmal als seine bekannteste Aktion bezeichnet.
Zu Beginn der Aufführung schloss Beuys die Türen der Galerie von innen ab und ließ die Besucher draußen. Nur durch die Fenster konnten sie die Szene im Inneren beobachten. Mit seinem ganz in Honig und Blattgold gehüllten Kopf begann er, einem toten Hasen Bilder zu erklären. Während er dem toten Tier auf seinem Arm etwas zuflüsterte, ging er in der Ausstellung von Kunstwerk zu Kunstwerk. Gelegentlich hielt er an und kehrte in die Mitte der Galerie zurück, wo er über eine tote Tanne trat, die auf dem Boden lag. Nach drei Stunden wurde das Publikum in den Raum gelassen. Beuys saß auf einem Hocker im Eingangsbereich, den Hasen auf dem Arm und mit dem Rücken zu den Zuschauern.
Die Performance war der Höhepunkt von Beuys' Entwicklung eines erweiterten Kunstbegriffs, die bereits in seinen Zeichnungen der 1950er Jahre begonnen hatte. Er zelebrierte das Ritual des "Erklärens von Kunst" mit einer Aktion, die für seine Betrachter praktisch stumm war.
Der Hase ist ein Tier mit einer breiten, jahrhundertealten symbolischen Bedeutung in vielen Religionen. In der griechischen Mythologie wurde er mit der Liebesgöttin Aphrodite in Verbindung gebracht, bei den Römern und Germanen war er ein Symbol der Fruchtbarkeit, und im Christentum wurde er mit der Auferstehung in Verbindung gebracht. Für diese Interpretation spricht auch die "Maske", die Beuys bei seiner Performance trug: Gold als Symbol für die Kraft der Sonne, Weisheit und Reinheit und Honig als germanisches Symbol für die Wiedergeburt
Beuys erklärte:
Für mich ist der Hase das Symbol für die Inkarnation, Denn der Hase macht das ganz real, was der Mensch nur in Gedanken kann. Er gräbt sich ein, er gräbt sich einen Bau. Er inkarniert sich in die Erde, und das allein ist wichtig. So kommt er bei mir vor. Mit Honig auf dem Kopf tue ich natürlich etwas, was mit denken zu tun hat. Die menschliche Fähigkeit ist, nicht Honig abzugeben, sondern zu denken, Ideen abzugeben. Dadurch wird der Todescharakter des Gedankens wieder lebendig gemacht. Denn Honig ist zweifelslos eine lebendige Substanz. Der menschliche Gedanke kann auch lebendig sein. Er kann aber auch interellektualisierend tödlich sein, auch tot bleiben, sich todbringend äußern etwa im politischen Bereich oder der Pädagogik.